Ehrlich gesagt bin ich keine große Anhängerin von Challenges, Neujahrsvorhaben und ambitionierten Fastenkuren. Meistens klappt das alles nicht wie geplant. Nicht nur bei mir, ich beobachte das auch bei anderen. Aber diese Challenge hat mich angesprochen. Ich gehe gerne und viel, und eine bewusste (Slow) Fashion Pause einzulegen hat mir gefallen. Die Ideatorin des Projekts Walk4Future Martina Gleissenebner-Teskey kann Leute mitnehmen und begeistern. Wir lernten uns auf einer Messe in München kennen, führten bald darauf ein Interview über ihre zahlreichen Aktivitäten und Martina war dann auch Speakerin bei unserem Fashion For Future Festival im April in Bozen.

Worum geht’s genau? Das Motto für 2025 war „Walk More, Spend Less, Invest Better!“. Mitmachen konnte wer immer sich der Challenge stellen wollte, nach eigenem Gutdünken und Möglichkeiten. Jeder kleine Schritt mehr zählte. Letztes Jahr ist Martina von Klosterneuburg nach Paris gegangen, heuer von Amsterdam nach Frankfurt, ca. zweieinhalb Wochen, die Challenge dauerte aber insgesamt fünf Wochen, bis Ende Mai. Martina ist Model, Coach und Fashion Future Aktivistin. Bekannt wurde die 54jährige durch Heidi Klums Wettbewerb Germanys Next Topmodel, bei dem sie 2022 als Best Ager Dritte wurde, Martinas Tochter Lou-Anne hat gewonnen. Sehr cool, Mutter und Tochter gemeinsam auf dem Podium. Jedenfalls nützt Martina ihre Bekanntheit u.a. dafür, mehr Bewusstsein zu schaffen für eine bessere Modeindustrie, einen bewussteren Konsum und für mehr Bewegung.
An meiner Motivation hat es nicht gefehlt, die ersten beiden Wochen allerdings waren bewegungsmäßig eingeschränkt, da geschwächt von einer sehr fiesen Verkühlung, die Ende des Monats nochmals wiederkam. Nichtsdestotrotz bin ich jeden Tag gegangen und habe versucht, wenn möglich noch eine, wenn auch noch so kleine extra Runde einzubauen.

Fünf Wochen keine Kleidungsstücke kaufen? Das scheint nicht lange, aber ich denke, viele von uns unterschätzen die eigenen Gewohnheiten. Ich zum Beispiel bin viel unterwegs in Secondhand und Vintage Shops und entdecke da immer wieder ein besonderes Stück. Oder ich lerne neue Slow Fashion Brands kennen und möchte sie unterstützen. Ich lese einschlägige Newsletter, Fashion News, schaue mir online viel an etc., bin also ständig von Fashion umgeben, egal ob Slow oder nicht. Die Verführung ist da. Um sie vor allem am Anfang niedrig zu halten, bin ich kaum in ein Geschäft gegangen und wenn doch, habe ich mich wenig umgeschaut. Das Verlangen lässt schnell nach. Allerdings liebe ich Mode zu sehr, als dass ich dauerhaft abstinent werden möchte.

An den letzten zwei Challenge Tagen ist das Projekt dann ein wenig ausgefranst. Ich habe einen Charity Secondhand Markt veranstaltet, hatte keine Zeit meine Gehrunden zu drehen und hab mir auch ein paar Stücke auf die Seite gelegt.



Was ich gelernt habe? Es tut gut sich rauszuziehen aus Gewohnheiten. Diese Erfahrung kann ich nur empfehlen. Wie gesagt, sich von Verführungen erstmal fernzuhalten hilft. Und es geht ja nicht darum, gar nichts mehr zu kaufen. Dafür lieben die meisten, mich inbegriffen, Abwechslung und „Neues” zu sehr. Es geht darum, bewusster zu handeln und besser zu verstehen, was brauche und möchte ich und was nicht. Ein weiterer guter Effekt war, dass ich mich mehr mit den Sachen, die ich schon habe, beschäftigte. Ich zog Stücke raus, die ich eher selten trage und kombinierte sie neu. Auch aussortiert habe ich einiges, das ging dann zum Charity Secondhand Markt. Erst im Nachhinein ist mir aufgefallen, dass ich mehr Wert auf Accessoires legte. Das nehme ich auch mit: Accessorize! Alles in allem war diese Challenge eine sehr gute Sache. Danke Martina.
In den 5 Wochen bin ich übrigens 318.845 Schritte gegangen, das sind 222,35 km. Und ich habe sogar gewonnen! Einen 50 Euro Gutschein für den Aurin Shop. Den werde ich mit Bedacht einlösen.
Und was erzählt Martina über ihre Challenge? Ihre Erfahrung war ja sehr viel intensiver. Sie sagt: „Nach dem ersten Walk 2024 war ich zwar glücklich, dass ich alles geschafft habe, was geplant war, aber letztendlich war ich frustriert, weil ich trotz einer großen PR-Kampagne nicht so viele Menschen erreicht habe, wie erhofft. Ich hatte nicht den Eindruck, dass sich irgendetwas im Hinblick auf mehr Nachhaltigkeit getan hätte. Dieses Jahr ist das ganz anders. Nicht mehr ich stand im Mittelpunkt als wieder ein Mensch, der irgendetwas Tolles (aber letztendlich Unwichtiges) macht, sondern wir haben es geschafft, eine Bewegung ins Leben zu rufen. Das Gefühl lässt sich am ehesten mit ,beseelt‘ beschreiben. Oder einfach auch ,happy‘. Ich habe das Gefühl, jetzt ist Walk4Future auf dem richtigen Weg, wirklich zu einem Instrument und einer Bewegung der Veränderung zu werden.“ Ich bin gespannt, wie es weitergeht.
Wie ist das bei euch? Was haltet ihr von Challenges? Schon mal No Buy gemacht? Könnt ihr euch vorstellen bei so einem Projekt mitzumachen? Let me know.
Bleibt gesund und weiter gehts,
Susanne
Und hier noch mein Tipp der Woche: Dieses Buch hat mich nicht nur begeistert, sondern auch überrascht. Habe es gerade gelesen. Adorno hat diesen Vortrag vor über 50 Jahren in Wien gehalten, 1967 – mein Geburtsjahr. Eine bestechend präzise Analyse. Einiges natürlich kontextbezogen, aber im Grundsätzlichen geradezu verblüffend gültig. Der Band liest sich gut in einem Nachmittag, 55 Seiten + Nachwort. Habe das halbe Buch unterstrichen und werde es mehrfach verschenken.